Mittwoch, 7. März 2012

Fühlen

Wissenschaftler haben untersucht, warum wir die Musik so lieben. Sie vermuten, dass es an der Ähnlichkeit der Instrumentenklänge mit der menschlichen Sprache liegt. Ich glaube jedoch, dass uns die Musik deshalb verzaubert, weil wir durch sie unsere Emotionen so herrlich fühlen können.

Was wären die großen Filme ohne die Musik? Sie erhebt uns in höchste Höhen und stürzt uns in tiefste Täler. Emotionen packen uns ... Angst, Verzweiflung, Wut und Enttäuschung. Wir fühlen mit, was uns die Bilder zeigen.

Auf welche Weise lauschst Du einem schönen Musikstück, wie z.B. der „Meditation“ von Jules Massenet? Bleibst Du beim Fühlen oder schweifst Du gedanklich ab? Fühlen heißt, den emotionalen Prozess zu beobachten. In dem Moment, wo Du anfängst nachzudenken, fühlst Du nicht mehr.

Wenn Du Dich z.B. ärgerst, sei es zu Recht oder zu Unrecht, dann fühle diese Emotion in ihrem ganzen Ausmaß. Denke nicht über den Anlass nach. Was passiert ist, ist vorbei. Es ist nicht mehr zu ändern. Bleibe beim Gefühl des Ärgers und er kann sich auflösen. Handelt es sich um ein kleines Ärgernis, dann verfliegt das Gefühl schnell. Wenn Du Dich kräftig geärgert hast, dann wird der Ärger in Deinem Bauchraum verbrennen. Du kannst das Feuer deutlich spüren.

Immer wieder schauen mich Menschen erstaunt an, wenn ich über das Fühlen spreche. Sie sind davon überzeugt, dass sie fühlen können. Doch sie verwechseln fühlen mit Empfinden. Sobald sie sich über etwas ärgern, ist das noch eine Empfindung. Doch wird der Ärger auf die rationale Ebene verlegt -und das tun wir alle- wird er gar nicht mehr gefühlt.

Unsere Lebensenergie bewegt sich nicht auf statischem Weg vorwärts, sondern von Pol zu Gegenpol hin und her schwingend. Somit wird klar, dass wir innerlich gestört sind, wenn wir den Schwung zu negativen Emotionen nicht zulassen.

Mache ein kleines Experiment: Mach Deine Augen zu und denke an ein schönes Erlebnis. Gib Dich den positiven Gefühlen hin und koste sie aus. Wahrscheinlich fällt es Dir leicht, sie zu fühlen. Und nun schwenke zum Gegenteil um. Denke an ein Erlebnis, wo Du Dich schlecht gefühlt hast. Gebe Dich ganz diesem Gefühl hin. Merkst Du, dass Du das Erlebte sofort gedanklich bearbeiten willst? Genau das verhindert den Prozess des Fühlens.

Die Ursache liegt darin, dass unser Gehirn aus drei Teilen besteht: das Reptilienhirn, das emotionale Hirn und das denkende Hirn. Im Internet habe ich eine kleine Geschichte gelesen, die die unterschiedlichen Funktionen gut veranschaulicht. Stell Dir vor, Du fährst Auto und plötzlich bremst direkt vor Dir ein Lastkraftwagen scharf ab. In Deinem Kopf passiert das Folgende:

1. Dein Reptilienhirn lässt Dich das Lenkrad herumreißen und auf die Bremse treten.

2. Dein emotionales Gehirn schüttet Angst- und Panikhormone wie z.B. Adrenalin aus, um Deine
    Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen.

3. Dein denkendes Gehirn ist zeitgeschichtlich das jüngste der drei Hirne. Es beginnt, die Situation zu
    analysieren, sobald die Gefahr überstanden ist.


Keines unserer Hirne ist dafür gedacht, Emotionen zu verarbeiten. Solange es um positive Gefühle geht, haben wir keine Probleme. Doch das Fühlen negativer Gefühle müssen wir üben, üben, üben. Diese Übung ist ein Bewusstseinsprozess. Sie hilft uns, unbewusste Verhaltens- und Reaktionsmuster zu vermeiden.

Das Fühlen ist eine Meditationstechnik, die aus dem Vigyana Bhairava Tantra stammt. Diese uralte Schrift besagt, dass Du die Situation, die Deinen Ärger hervorgebracht hat, nicht verändern sollst. Denn wenn Du das tust, dann versuchst Du, Deinen Ärger zu kontrollieren. Denke also nicht über den Ärger nach, sondern gib Dich dem Ärgergefühl hin, bis Du schließlich mit ihm verschmilzt. Diese Technik ist ganz einfach ... und doch ist sie schwierig, weil wir über unsere Emotionen aus Gewohnheit nachdenken. Doch Übung macht den Meister.

Hier ein Tipp: Es ist hilfreich, wenn Du eine kleine Übungsgruppe kreierst. Finde heraus, wer in Deinem Freundes- und Bekanntenkreis Interesse hat, sich von seinen negativen Emotionen zu befreien. Gemeinsam lassen sich die besten Fortschritte machen. Trefft Euch regelmäßig und sprecht über Euere Erfahrungen.

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