Dienstag, 17. Mai 2011

Gewöhnlichkeit

Lt. einer Medienmitteilung der Universität Bayreuth vom 6.05.2011 hat Karl-Theodor zu Guttenberg seine Doktorarbeit in großen Teilen abgeschrieben. Bemerkenswert ist die Reaktion des Grafen, der sich lt. StudiKurier vom 11.05.2011 auf eine massive Überforderung angesichts seiner beruflichen und politischen Arbeitsbelastung beruft. Merkwürdigerweise glaubt die Gesellschaft, dass es im Leben darum geht, etwas ganz Besonderes darzustellen. Doch ist das nicht eine Illusion? Ich kann mir jedenfalls nichts Schöneres vorstellen, als ein gewöhnlicher Mensch zu sein.
 
Hierzu eine kurze Anekdote über den Zen-Meisters Linji († 866/867): Er war als junger Mensch eifriger Studierender buddhistischer Lehrschriften. Eines Tages verbrannte er seine schriftlichen Unterlagen, um als Mönch der Chan Schule Unterweisungen außerhalb aller Schriften zu erhalten.

Eines der Zitate, die Linji der Nachwelt hinterließ, lautete: „As I see it, there is not much to do. Just be ordinary – put on your robes, eat your food, and pass the time doing nothing.“ Schöner kann man es nicht ausdrücken!

Samstag, 14. Mai 2011

Selbstmord

Im Jahr 1966 lebte ich eine Zeitlang in Paris. Eines Tages fuhr auf der Champs-Élysées ein Rolls Royce an mir vorbei und am Steuer erblickte ich Gunter Sachs. Das war etwas Besonderes, denn er hatte gerade Brigitte Bardot geheiratet, den Traum aller Männer. Nun hat sich der Lebemann das Leben genommen.

Lt. Tagesschau.de vom 17.05.2011 war die Ursache des Selbstmordes die Angst vor einem künftigen Stadium der Alzheimer Erkrankung. In einem Abschiedsbrief soll er mitgeteilt haben, dass der Verlust der geistigen Kontrolle ein würdeloser Zustand wäre, dem er sich entschlossen habe, entschieden entgegenzutreten. Und das, obwohl er noch in keiner Weise ein Fehlen oder einen Rückgang seines logischen Denkens feststellen konnte.

Wenn man das vernimmt, dann fehlt einem zunächst das Verständnis für diesen Freitod. Doch lt. Wikipedia erklärte Gunter Sachs´ Vertraute, dass der berühmte Fotograf, Dokumentarfilmer, Kunstsammler und Astrologieforscher auch an Depressionen litt. Vielleicht hat die Angst vor Alzheimer seine depressiven Phasen bis zur Unerträglichkeit gesteigert.

Lt. einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation bringen sich weltweit jährlich 1 Millionen Menschen um. Hauptursachen sind Depressionen, Alkoholismus, Psychosen, Lebenskrisen, Krebs, chronische Erkrankungen, schwere Schmerzen usw. Wenn man sich jedoch die Zustände der Betroffenen vor Augen hält, dann wird einem klar, dass sie in den meisten Fällen typische Depressionssymptome aufweisen. Als da wären Gefühle von Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, sinnloses Gedankenkreisen, Ängste usw.

Es ist erschütternd, wie wenige Erkenntnisse die Forschung bisher über Depressionen gewonnen hat. Zusammenfassend berichtete die TAZ am 25.06.2010, dass Gene bei der Entstehung eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Es sei aber bisher nicht gelungen, diese zu finden. Man hat jedoch herausgefunden, dass der Stresshormonspiegel depressiver Menschen andauernd erhöht ist. Nun versucht man, diesen medikamentös zu senken, was aus meiner Sicht ebenso sinnlos ist, wie den Alkoholpegel eines Trinkers mit Medikamenten herabzusetzen.

Depressionen haben immer etwas mit unterdrückten Emotionen zu tun. In diesem Fall ist die Harmonie zwischen Körper, Geist und Seele gestört. Daher gilt es, negative Emotionen so zu verarbeiten, dass sie sich vollständig auflösen können. Es gibt nur einen Weg dies zu tun: man muss sie ANNEHMEN, FÜHLEN UND MIT IHNEN VERSCHMELZEN.

Dienstag, 10. Mai 2011

Schmerz

Kürzlich begegnete mir auf dem Flohmarkt eine Israelin, die gerade aus Polen kam, wo sie die Heimatstadt ihrer im Holocaust ermordeten Eltern besucht hatte. Im Stadtarchiv war sie fündig geworden und auf verschiedene Aufzeichnungen über ihre Vorfahren gestoßen. Nun war sie unendlich traurig.

Wie gern hätte ich ihr aus ihrer Verzweiflung herausgeholfen, doch sie hatte kein Ohr für meine Andeutungen. So blieb mir nichts anderes übrig, als sie in ihrem Schmerz zu lassen. Wie schade ...

Montag, 9. Mai 2011

Angst

Folgende Schlagzeile erschien heute im Sportteil der Bildzeitung: „Jetzt hilft nur noch Beten.“ Es ging um den drohenden Abstieg des Fußballclubs Eintracht Frankfurt aus der Fußball-Bundesliga. Ein Spieler erklärte: „Der Prozess zieht sich über Wochen hin. Jeder macht sich das Leben selbst schwer und ist im Kopf blockiert.“ Ein anderer Spieler meinte: „Du willst die Scheiß-Situation im Kopf ausblenden, aber es geht nicht.“ Und der Eintracht Trainer ließ gar den Kopf hängen und sagte: „Du spürst die Niedergeschlagenheit.“ Die Bild zog Résumé: „Angst! Angst! Angst! Die Mannschaft bringt auf dem Spielfeld gar nichts mehr zustande.“

Wer häufig von Ängsten heimgesucht wird und einen Arzt oder Psychologen aufsucht, dem werden neben medikamentösen Behandlungen verschiedene Therapien angeboten. Dabei geht es meistens darum, die Angst durch mentale Techniken oder Entspannungsübungen zu überwinden. Nehmen wir z.B. die Prüfungsangst. Kurz vor der Prüfung blockiert das Kurzzeitgedächtnis und die Betroffenen können nicht die Leistung abliefern, die sie sonst erbringen könnten. Um diese Denkblockade zu bekämpfen, wurden verschiedene Methoden entwickelt, wie z.B. Positives Denken, sinnvolle Lernstrategien, Simulation von Prüfungssituationen, autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung. Keine der Techniken hat jedoch große Erfolge gebracht. Amerikanische Wissenschaftler glauben nun, dass es hilfreich sein soll, wenn man sich die Angst kurz vor der Prüfung von der Seele schreibt. Was für ein Blödsinn!

Um den Fußballverein Eintracht Frankfurt noch vor dem Abstieg zu retten, war zum 23. März 2011 ein neuer Trainer verpflichtet worden. Dieser hatte sich einst einen Namen als Motivations-Guru gemacht. Offensichtlich glaubte die Vereinsführung, dass man die Mannschaft für den Erfolg nur richtig motivieren müsse. Doch das Team spielte schlechter als zuvor und konnte in den folgenden sechs Spielen keinen Sieg landen. Offensichtlich war sie vor Angst gelähmt und hatte den Trainer an die Grenzen seiner psychologischen Fähigkeiten gestoßen.

Für mich ist kein Wunder, dass die Angst mit keiner Motivation in den Griff zu kriegen ist. Denn im Untergrund schwelt sie weiter. Daher hätte ich mit jedem Spieler zunächst einmal an seiner Angst gearbeitet. Das ist nicht schwierig und er hätte sie auf diese Weise leicht annehmen und auflösen können. Eine solche Strategie wäre vielleicht erfolgreicher gewesen.

Dienstag, 3. Mai 2011

Panik

Gestern war ich in der Stadt und wollte anschließend mit der U-Bahn nach Hause fahren. Doch wegen eines technischen Defekts kam es zu Verzögerungen. Als der Zug endlich kam, war er völlig überfüllt. Ich überlegte einen Moment, ob ich auf die nächste Bahn warten solle, doch dann drückte ich mich rein, wie viele andere Fahrgäste auch. Kaum war ich drinnen, schlossen die Türen  ...  doch die Fahrt ging nicht los. Die U-Bahn stand einfach da und nichts passierte.

Eingekeilt zwischen vielen Menschen tauchte bald ein Gedanke in meinem Kopf auf: „Hilfe ich will hier raus!“ schrie es in mir. Panik schoss hoch und breitete sich in mir aus. Ich schloss die Augen und akzeptierte die Situation so, wie sie war. Dann begann ich, das ganze Ausmaß der Angst zu fühlen. Sie legte sich wie ein Stück Eisen um meine Brust und ließ meinen Atem stocken. Als die U-Bahn endlich losfuhr, schaute ich aufmerksam zu, wie ich langsam mit dieser Angst verschmolz.

Noch bevor wir die nächste U-Bahnstation erreicht hatten, hatte sie sich völlig aufgelöst. Ich öffnete meine Augen und sah mich um. Immer noch war ich in der Menschentraube eingezwängt und trotzdem war alles gut. Ich registrierte: Angst türmt sich zu einem Schreckgespenst auf, wenn man sich mit ihr identifiziert. Ich kam mir vor wie ein Magier, der Dinge verschwinden lassen kann. Noch einmal schloss ich meine Augen und bedankte mich für mein schönes Leben.