Donnerstag, 2. Februar 2012

Hass

Eine Freundin stellte mir neulich die Frage, ob es ok ist, ihre Mutter zu hassen? Sie erzählte mir, dass sie in der Kindheit von der Mutter weder geprügelt noch schlecht behandelt wurde, dass ihr Elternhaus ganz im Gegenteil ganz normal war, so wie bei Millionen von anderen Menschen. Was meint Ihr dazu, findet ihr es ok, Hassgefühle gegen die eigene Mutter zu entwickeln?

Warum haben wir Angst davor, Hass zu akzeptieren? Weil uns beigebracht wurde, dass Hass etwas Schlechtes, Böses ist? Wer Hass in sich fühlt, der bekommt Schuldgefühle. Da Hass aber nur eine Emotion ist, möchte Euch veranschaulichen, was da genau im Gehirn abläuft:

1. Eine Situation im Leben tritt ein, etwas passiert

2. Diese Situation bringt Gedanken hervor

3. Die Gedanken lösen im Gehirn eine physiologisch-chemische Reaktion aus

4. Diese chemische Reaktion bringt ein Gefühl, wie z.B. Hass hervor

5. Das Gefühl bringt wiederum Gedanken hervor

6. Die Gedanken rufen wiederum dasselbe Gefühl hervor und so dreht sich das Rad weiter und weiter.
    Gefühl und Gedanken füttern einander.

Die Internet-Plattform „Lebenshilfe ABC“ beschreibt: „Die Punkte 1 bis 4 dauern nur ein paar Sekunden oder gar nur Millisekunden! Wer seine erste Reaktion, also seine Gedanken über die Situation, nicht im Griff hat, dessen Gefühle werden den weiteren Verlauf der Situation bestimmen … und damit geht jede Kontrolle über die Gefühle verloren.

Wenn es nach den Psychologen geht, dann müsste meine Freundin lernen, ihre Gedanken zu verändern. Dazu wäre eine Therapie notwendig. In deren Verlauf müsste sie herausfinden, welche konkreten Gedanken diese Hassgefühle hervorrufen. Wenn das geschehen ist, muss die ganze Situation neu bewertet werden ... damit neue Gedanken entstehen, die wiederum neue Gefühle hervorrufen.

Also ganz ehrlich, diese Therapie ist zu kompliziert. Bis meine Freundin herausgefunden hat, welche konkreten Gedanken ihre Hassgefühle hervorrufen, ist die alte Frau doch längst gestorben. Ich empfahl meiner Freundin, den Hass einfach anzunehmen und zu fühlen, bis er sich auflöst. Dadurch wird der oben beschriebene Kreislauf unterbrochen ... es kommt gar nicht mehr zu den Punkten 5 und 6. Dann ist der Hass kein Thema mehr!

2 Kommentare:

  1. Hochinteressant. Wuesste gerne den Grund fuer ihren Hass, oder ob sie ihn wenigstens selber weiss. Vielleicht ist die Mutter eine Maertyrerin, oder sie manipuliert, klammert sich, oder vielleicht passiv-aggressiv? Vielleicht hasst sich die Mutter selber und hat das auf ihre Tochter uebertragen? Klar soll sie's fuehlen, tut sie ja eh, aber wieso denn bloss?

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  2. Ja Jasminsche, wahrscheinlich hat die Mutter irgendetwas auf die Tochter projiziert. Doch es ist zweifelhaft, ob man die Schlüsselerlebnisse findet, die einen vom Hass befreien. Und selbst wenn man sie findet ... hat sich dann nicht neuer Hass aufgebaut? Für den Prozess des Fühlens ist daher jede Analyse hinderlich. Fühlen bedeutet, die negativen Emotionen aufzulösen, die sich im Hier und Jetzt ergeben. Damit erledigen sich gleichzeitig viele Konflikte aus der Vergangenheit.

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