Heute Morgen schreckte mich die Zeitungsnotiz: „Der Schauspieler Towje Kleiner ist in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar 2012 überraschend gestorben.“ Ich habe Wolfi, wie er von seinen Münchner Freunden genannt wurde, das letzte Mal vor etwa zehn Jahren getroffen. Wir saßen damals im Café „Münchner Freiheit“. Mit von der Partie war unser gemeinsamer Freund Fryderyk (Zwi) Gabowicz († 2007). Wir erinnerten uns an die alten Zeiten und lachten.
Ich habe Wolfi ungefähr im Jahr 1963 kennengelernt. Besonders viel Kontakt hatten wir in den Jahren 1969 bis 1974. Wir haben beide früh geheiratet. Unsere Frauen mochten sich und so besuchten wir uns gegenseitig so oft, wie wir konnten. Zunächst in Tel Aviv und später in München. Nie habe ich mehr gelacht in meinem Leben, als mit ihm. Er hatte eine Art von Humor, die mich vollkommen erschlug. Allerdings ging es ihm Anfang der 70er Jahre wirtschaftlich schlecht, er stand ja erst ganz am Anfang seiner Schauspielerkarriere.
Die Nachricht von seinem Tod hat mich getroffen. Ich musste mich in ein stilles Eck setzen, um mich den Gefühlen zu stellen, die mich übermannten. Wann immer Traurigkeit in mir auftaucht, dann ergehe mich nicht im Weltschmerz, nein ... ich richte meine Aufmerksamkeit ganz auf das Gefühl. In diesem Fall war es mächtig, es breitete sich in Kopf, Hals und Brust aus und bald musste ich weinen. Ich beobachtete das Gefühl weiter ... bis ich schließlich mit ihm vollständig verschmolz.
Eine Episode, die Wolfi bestens beschreibt, ist mir in Erinnerung geblieben. 1965 fuhr ich mein erstes Auto. Es handelte sich um einen gebrauchten Opel Olympia, der häufig kaputt war. Eines Tages ließ sich mein Seitenfenster nicht mehr bewegen. Wolfi machte damals gerade eine Lehre zum Kfz-Mechaniker und so war es Ehrensache, dass er die Reparatur machte.
Am frühen Abend trafen wir uns in der Leopoldstraße und Wolfi begann mit seiner Arbeit. Als es drei Stunden später langsam dunkel wurde und er nichts mehr sehen konnte, baute er die Fahrertür kurzerhand aus und bearbeitete die Mechanik der Fensterkurbel im Licht einer Straßenlaterne. Gegen 22:00 Uhr verlor er die Nerven, beschimpfte das Autofenster … und machte sich dann aus dem Staub. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Tür in den Kofferraum zu packen. Dann fuhr ich tagelang türlos durch die Gegend, immer in der Hoffnung, dass Wolfi seine Arbeit zu Ende machen würde. Doch das geschah nie. Also musste ich sparen, bis ich mir eine ordentliche Werkstatt leisten konnte.
Ja, so warst Du, Wolfi. Ein liebenswürdiger Chaot nicht nur in Deinen Filmrollen. Farewell also ... und sollte ich Dich jemals wiedersehen, werden wir über diese und andere Geschichten lachen ... und immer wieder lachen. Denn für das Lachen warst Du zuständig. So behalte ich Dich in Erinnerung.
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Schön!
AntwortenLöschenGruss, Rasiko