Gestern zeigte die Biathletin Magdalena Neuner, warum wir Schwierigkeiten haben, integer zu sein. Das deutsche Biathlon-Quartett war im Staffelrennen in Oberhof bereits auf Siegkurs, als sich Magdalena Neuer als Schlussläuferin im letzten Stehendschießen vier Strafrunden einhandelte. Die Fuldaer Zeitung beschrieb in ihrer heutige Ausgabe:
„Mit versteinerter Miene lief Magdalena Neuner über die Ziellinie. Kein Lächeln, kein Gruß an die Zehntausenden von Fans – nach ihrem Staffel-Debakel hätte sich die Rekordweltmeisterin am liebsten in Luft aufgelöst. „Es tut mir leid“ sagte die 24-Jährige, als ihre drei Teamkolleginnen sie tröstend in die Arme nahmen.“
Das Problem, über das ich hier schreiben möchte, besteht darin, dass wir darauf programmiert sind, das abzulehnen, was wir nicht mögen. Wenn wir siegen, jubeln wir … wenn wir verlieren, leiden wir. Damit teilen wir die Welt in "gut" und "schlecht". Das Wort Integrität hingegen bedeutet: „unversehrt - intakt - vollständig“. So lange wir also etwas in uns ablehnen, können wir nicht ganz sein. Denn dann sind wir versehrt ... beschädigt ... unvollständig. Verstehst Du das?
Was bedeutet es, ganz zu sein? Es bedeutet alles anzunehmen ... sogar das, was wir nicht mögen. Das psychologische Leiden entsteht daher nur deshalb, weil wir Gefühle ablehnen, die wir hassen. Um integer, also ganz zu sein, müssen wir in unsere Mitte kommen. In der Mitte unterscheiden wir nicht zwischen Freud und Leid. Dort sind gute oder schlechte Gefühle gleichermaßen willkommen.
Man muss sich nicht in Luft auflösen - das geht schließlich nicht - wenn man vor Scham am liebsten im Erdboden verschwinden will. Es genügt, wenn man mit der Scham verschmilzt, die durch irgendein Erlebnis ausgelöst wird. Wenn man es nicht tut – und niemand tut es - dann lebt man das Leben eines Automaten … völlig unbewusst.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen